Verantwortung für die Sicherheit fehlt
St. Gallen - Das jährliche Parlamentariertreffen der kant. Offiziersgesellschaft St.Gallen (KOG) widmete sich einem effektiven Dilemma: «Wehrhaftigkeit in der Komfortzone». Es fand am 1. Dezember im St.Galler Pfalzkeller statt.
Die exogenen Herausforderungen im globalen Sicherheitssystem machen auch vor der Schweiz keinen Halt. Der geopolitische Wandel, die verschlechterte Sicherheitslage, die wirtschaftlichen Herausforderungen sowie der unter Druck stehende Multilateralismus sind für den alten Kontinent anspruchsvoll. Nach einem Inputreferat zur militärischen Ausgangslage in Europa durch Dr. Marcel Berni, Dozent für Strategische Studien an der ETH-Militärakademie, kam die Diskussion an diesem Abend bei der KOG St.Gallen mit einem hochkarätig zusammengesetzten Podium rasch zum zentralen Problempunkt: die schweizerische Gesellschaft hat die Landesverteidigung als zentrale Herausforderung aus dem Blick verloren – trotz verschärfter objektiver Sicherheitslage.
Der Austausch hat gezeigt, dass die kollektive Gelassenheit die Schweiz in eine Komfortzone gebracht hat. Die geografische Distanz zur Ukraine wird in weiten Teilen der Bevölkerung als hoch eingeschätzt, obwohl der Krieg in Europa angekommen ist. Es geht wohl um eine Informationslücke über die generelle Sicherheitslage. Die Ausrüstung der Schweizer Armee ist nach wie vor schlecht im Vergleich zur aktuellen Bedrohungslage. Die Referenten bzw. Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass die Zeit der Beschaffung bis zum möglichen Einsatz zu lange ist, wenn auch die Milizarmee mit ihrer heterogenen Zusammensetzung und Spezialisten als Alleinstellungsmerkmal gesehen wird. Die Experten sind sich einig, dass die Zeit fehlt. Das Geld auch. Auch die momentanen Grundlagen für die Dienstpflicht sind für die Armee suboptimal und es gilt zu Handeln um die benötigten Bestände für die Armee längerfristig zu sichern.
Der Diskussionsabend konnte deutlich aufzeigen, dass auch der aktuelle Neutralitätsbegriff zu Problemen in der Wahrnehmung über die Schweiz in der Welt geführt hat. Die Schweiz hat derzeit ungenügende Antworten auf die aktuelle Situation. Die Problematik liegt in der öffentlichen Wahrnehmung: die Bevölkerung wähnt sich in einer Komfortzone. Das Thema Wehrhaftigkeit steht auf verlorenem Posten. Es herrschte weitgehender Konsens im Publikum, dass dies eine Fehleinschätzung ist. Die politischen Voraussetzungen sind ungenügend, um die Schweizer Armee für ihre Aufgabe zu unterstützen. Wie aber die Wehrhaftigkeit wieder gestärkt werden kann? Dazu gibt es noch kaum schlüssige Antworten. Sicher ist, dass der Stellenwert nur gemeinsam und durch stetige Information wieder erhöht werden kann.