An der sehr gut besuchten Mitgliederversammlung der kantonalen Offiziersgesellschaft St. Gallen in Berneck wurden nebst den statuarischen Geschäften, welche grösstenteils einstimmig genehmigt wurden, auch aktiv über die aktuelle geopolitische Lage diskutiert. Der Ernst der Lage in Europa scheint von allen EU-Staaten erkannt zu sein, nur die Schweiz schaut momentan noch zu.
Am 13. März 2024 begrüsste die KOG St. Gallen unter Leitung des Präsidenten Oberst i Gst Martin Koller nebst über 80 Offizieren auch einige Exponenten aus Politik und Militär, darunter Kantonsrat-Vizepräsidentin Barbara Dürr, Regierungspräsident Stefan Kölliker sowie die Gastgeberin, Gemeindepräsidentin Shaleen Mastroberardino. Regierungspräsident Stefan Kölliker überbrachte dabei die Grüsse der Kantonsregierung. In seinem Referat ging er auf drei Punkte ein, welche die KOG-Mitglieder und Offiziere im Allgemeinen beschreiben: Bereitschaft, Loyalität und Mut. Bereit, mehr für die Gesellschaft zu tun als andere, loyal gegenüber unser aller Heimat und der Kameradschaft sowie mutig, Werte einzufordern, für die Schweiz einzustehen und die Resilienz unserer Allgemeinheit zu fördern. Worte, aktueller denn je.
Militärisch durfte die KOG neben Divisionär Willy Brülisauer, dem Kommandanten der in St. Gallen ansässigen Territorialdivision 4, auch den Kommandanten der Generalstabsschule, Brigadier Gregor Metzler, sowie den Kommandanten der Mechanisierten Brigade 11, Brigadier Christoph Roduner, als eigene Mitglieder begrüssen. Vom in Gossau und Herisau ansässigen Lehrverband Infanterie war der Schulkommandant der Schulen 11, Oberst im Generalstab Simon Hobi präsent.
Neupositionierung der KOG nimmt Fahrt auf
Die im vergangenen Jahr beschlossene Neupositionierung wurde konsequent umgesetzt. Es wurden jeweils Wahlempfehlungen für alle Wahlen abgegeben, selbstverständlich aber erst nach vorhergehender sorgfältiger Evaluation anhand von sicherheitspolitischen Kriterien. Das Parlamentariertreffen im vergangenen Herbst war erneut ein spannender Höhepunkt im Vereinsjahr – zumal zeitlich das Thema Neutralität und Rüstungspolitik mitten in der politischen Diskussion stand.
Für das Jahr 2024 sind weitere Anlässe mit dem Fokus auf die Positionierung als sicherheitspolitische Beraterin geplant, welche sich über das ganze Jahr verteilen. Das Parlamentariertreffen wird erneut durchgeführt und weitere Anlässe sind in Organisation.
KOG St. Gallen mit Vorsitz der Strategiekommission der SOG
Die Schweizerische Offiziersgesellschaft SOG hat entschieden, sich strategischer und präsenter zu positionieren. Dazu wird eine Strategiekommission eingesetzt, welche durch den Präsidenten der KOG SG angeführt wird. Oberst i Gst Martin Koller wird dieses Gremium zu den gewünschten Resultaten führen.
Eines der Themen wird auch die Finanzierung der Schweizer Armee mit 1% des Bruttoinlandprodukts (BIP) bis 2030 sein – dazu wurde bereits eine Petition vom Schwyzer Nationalrat Heinz Theiler lanciert (https://www.armee2030.ch/). Im Impulsreferat wurde darauf vertieft eingegangen, warum dies so fundamental wichtig ist.
Die Armeefinanzierung mit 1% BIP bis 2030 ist alternativlos
Im öffentlichen Impulsreferat stellte Georg Häsler, Redaktor der NZZ, Experte für Sicherheitspolitik und selbst Oberst im Heeresstab, eindeutig fest, dass die Armeefinanzierung mit 1% BIP bis 2030 alternativlos ist. Die Verzögerung bis 2035 würde bedeuten, dass der Armee rund 13 Mrd. CHF verloren gingen. Weitaus schlimmer ist hingegen, dass damit ein weitgehender Funktionsverlust der Bodentruppen hinzunehmen wäre, weil dann nicht mehr rechtzeitig Rüstungsmaterial beschafft und Fertigkeiten erhalten werden könnten. Ein solcher Verlust könnte im Anschluss nur sehr schwierig wieder aufgebaut werden, wobei dazu Jahre bis Jahrzehnte benötigen würden. Für die Wiederbewaffnung der Neutralität droht die Zeit somit knapper zu werden als das Geld!
Parallel dazu gehen alle europäischen Länder von ähnlichen Annahmen bis zu einer möglichen Eskalation aus: die Baltischen Staaten, Schweden, Norwegen, Finnland sowie Polen von 3 bis 5 Jahren, Deutschland von 5 bis 8 Jahren. Nur die Schweiz hält am Szenario von 10 bis 15 Jahren fest und scheint den Ernst der Lage schwerwiegend zu verkennen. Gleichzeitig kann man feststellen, dass die russische Kriegswirtschaft stark wächst, die NATO-Mitgliedstaaten sich langsam voneinander entfernen (siehe Deutschland, Ungarn, Frankreich) und die europäische Rüstungsindustrie momentan weitgehend politisch blockiert ist.
Damit scheinen die zwei Faktoren einer Bedrohung, welche aus dem Produkt von Potential mal Absicht bestehen, ignoriert zu werden. Nicht nur aus Sicht eines Angriffs, sondern auch aus Sicht der Verteidigung: Auch da ist Potential mal Absicht ebenso gültig und es ist offenkundig, dass die Schweiz augenblicklich nicht über ein hinreichendes Verteidigungspotential verfügt.
Dieses können wir nur mit einer soliden Finanzierung bis 2030 rechtzeitig wieder aufbauen. Die Absicht im Sinne des Wehrwillens der Schweizerinnen und Schweizer kann potenziell zwar schnell ändern, ist im Moment jedoch noch zu wenig spürbar. Auch da liegt Handlungsbedarf. In allen Fällen gilt aber: fehlt der eine Faktor, nützt der andere auch nichts. Das ist simple Mathematik. Und der zeitkritische Faktor ist immer das Potential, also die Wiederausrüstung unserer Armee!
Insgesamt scheint folglich die Neupositionierung der KOG SG genau richtig zu sein, damit kompetentes, umfassendes Wissen über Sicherheitspolitik wieder vermehrt Gehör auf kantonaler Ebene aber auch in Bundesbern findet.