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Parlamentariertreffen 2022

Gehen der Armee die Soldaten aus?

Die personelle Situation ist alarmierend. Auch wenn seitens Bund Sofortmassnahmen eingeleitet wurden, ist der politische Weg zu lang und könnte eine sicherheitsrelevante Lücke entstehen lassen.

Das jährliche Parlamentariertreffen der kantonalen Offiziersgesellschaft St.Gallen widmete sich dem künftigen Dienstpflichtsystem und fand am 10. November in Wildhaus im Toggenburg statt.

Nach einem Input Referat durch den Delegierten des CdA für die Alimentierung, Oberst i Gst Nicolas Roduit, kam die Diskussion an diesem Abend bei der KOG St.Gallen mit einem hochkarätig zusammengesetzten Podium rasch zum zentralen Problempunkt: Die Armee wie auch der Zivilschutz erreichen die Soll-Bestände nicht. Es fehlen Leute im WK, um zu trainieren und es wandern mehr als doppelt so viele AdA in den Zivildienst ab, als statistisch sein dürfte. Diese über 2000 tauglichen AdA fehlen der Armee und auch dem Zivilschutz, denn fast alle wären auch schutzdiensttauglich.

Der Austausch hat gezeigt, dass die Rekrutierung und die Tauglichkeitskriterien modernisiert werden könnten, das enge Korsett des Militärgesetzes (MG) jedoch wenig flexibel ist. Schlussendlich geht es primär um zwei Faktoren: Erhöhung des Personalpools, aus dem man auslesen kann (Dienstpflichtige, abgestufte Tauglichkeit) und um die Verhinderung der Abwanderung (Abgänge Zivildienst, Abgänge medizinisch, weiteres).

Weitgehender Konsens im Publikum herrschte bei den beiden Punkten der zu hohen Attraktivität des Zivildienstes und der Motion des SiK-N, welche den sofortigen Zusammenschluss von Zivilschutz und Zivildienst fordert. Dieser Zusammenschluss macht Sinn und ist sicherheitsrelevant. Und diese Motion folgt den St. Gallern, welche seit über 6 Jahren bereits eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen Zivilschutz und Zivildienst kennt! Das freut das Publikum besonders!

Werden die von der Armee ergriffenen Massnahmen genügen? Oberst i Gst Roduit, hat einen umfassenden Katalog präsentiert, welche an allen Ort ansetzt und eine grosse Tragweite hat. Trotzdem könnte es aber nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein sein. Fast alle kurz- und mittelfristigen Anpassungen sollen die rechtlichen Rahmenbedingungen flexibilisieren. Gesetzesanpassungen benötigen aber Zeit, die faktisch nicht zur Verfügung steht. Der sehr langatmige politische Prozess könnte damit eine zentrale Ursache für eine nationale Sicherheitslücke in den kommenden Jahren sein.

Einig waren sich die anwesenden Fachreferenten auch in einem weiteren wichtigen Punkt: die heutigen Systeme dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden und es darf sich bei den anstehenden Reformen nicht um kleine Anpassungen handeln, sondern um eine umfassende Revision! Alle zukünftigen Systeme müssen einen relevanten Bezug zur Sicherheit haben. Eine Aufteilung auf zwei Hauptorganisationen, wie der Armee und den Katastrophenschutz, ist einfach, zielführend, umsetzbar und könnte eine Mehrheit finden.

Der Diskussionsabend konnte die alarmierende Situation deutlich aufzeigen und gute Lösungsansätze sind vorhanden. Ein einzelner, kurzfristig umsetzbarer Faktor, gibt es aber nicht. Und die Anpassung der Dienstpflicht ist zeitlich noch zu weit weg. Es scheint, als ob die Probleme grösser sind als aus Sicht der Miliz überhaupt erkennbar waren.

Die anwesenden Politikerinnen und Politikern sind nun sensibilisiert auf die Dringlichkeit und Wichtigkeit des Themas. Die Zeit ist reif, hier vorwärtszumachen und einen Wandel zu erreichen. Die geopolitischen Umstände wären geradezu ideal.

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